Der ET gehört z.B. zusammen mit den
Dystonien, den Tics und dem Restless Legs-Syndrom und im deutlichen Gegensatz
zur Parkinson-Krankheit oder etwa der Chorea Huntington zu den
Bewegungsstörungen, bei denen derzeit keine Hirnveränderungen festgestellt
werden können (gemeint sind mikroskopisch feststellbare Gewebsveränderungen),
bei denen aber dennoch eine Funktionsstörung des Gehirns als Ursache angenommen
wird.
Wahrscheinlich
sind ganze Regelkreise betroffen, die die sogenannten
Basalganglien, den Thalamus, das Kleinhirn und andere Hirnteile (z.B. untere
Olive) mit einbeziehen. Die moderne bildgebende Hirndiagnostik (z.B. die
Positronen-Emissions-Tomographie) spricht dafür, daß der ursächlich wirksame
Oszillator in diesen Regelkreisen zu suchen ist. Die Ergebnisse der genetischen
Forschung sind noch unbefriedigend, zwei Genorte für den vermuteten
autosomal-dominanten Erbgang sind derzeit in der Diskussion, manche
Arbeitsgruppen waren aber auch bei der Untersuchung von ET-Familien nicht
erfolgreich.
Wahrscheinlich ist der ET keine
genetisch einheitliche Erkrankung (wie z.B. die Chorea Huntington) und kann auch
ohne diesbezügliche genetische Belastung auftreten. Umweltfaktoren (z.B.
Pestizide, Blei, Quecksilber) werden diskutiert, v.a. vor dem Hintergrund einer
evtl. zunehmenden (oder häufiger erkannten?) Krankheit.
Angesichts dieser
Unklarheiten fragen sich viele, ob der ET nicht einfach die Folge von Nervosität
oder psychischen Problemen ist. Daß der Tremor lediglich durch Stress oder
Hektik verursacht wird, ist allerdings eine Fehleinschätzung, jedes Zittern
(auch bei der Parkinson-Krankheit) verstärkt sich lediglich bei innerer
Anspannung. Diese falsche Einschätzung bedingt, daß der ET häufig erst nach
jahrelangem Verlauf als solcher festgestellt wird und Fehldiagnosen relativ
häufig sind.
Wahr ist allerdings,
dass alle stärker zitternden Menschen mit
psychosozialen Problemen zu kämpfen haben, beruflich und in der Freizeit.
Untersuchungen zeigen, daß zwischen 20 und 40% der vom ET betroffenen Menschen
mit behandlungsbedürftigen ängsten und Depressionen zu tun haben, z.T. als Folge
der Erkrankung, mitunter auch unabhängig davon und es kommt zu Wechselwirkungen.
Tatsache ist, daß unbehandelte Ängste und Depressionen sicher den Verlauf des ET
ungünstig beeinflussen.
Ängste treten dabei häufig in Form
sogenannter sozialer Phobien = Angst im Umgang mit anderen Menschen,
z.B. auch bei Feiern oder Versammlungen. Dies führt häufig zu einem
Vermeideverhalten, das sich ET-Patienten nicht angewöhnen sollten. Bemerkenwert
ist in diesem Zusammenhang, daß einige der beim ET wirksamen Substanzen auch
angstlindernd sind (Betablocker, Clonazepam/Alprazolam und natürlich auch
Alkohol). In der Betreuung und Behandlung von ET-Patienten gehört demzufolge die
Berücksichtigung der psychischen und sozialen Situation unabdingbar dazu.
übrigens ist
der Alkoholkonsum beim ET nicht höher als in der
Durchschnittsbevölkerung. Ein alkoholbedingter Tremor kann meist klar vom ET
abgegrenzt werden, er ist im Gegensatz zum ET nur selten funktionell störend,
oft weniger schwer, fast nie zittern auch Familienangehörige, seine Frequenz ist
höher, Kopf und Stimme sind nicht betroffen. Nur am Rande sei noch angemerkt,
daß auch die Tiefenhirnstimulation bei den operierten Patienten in aller Regel
zu einer Besserung ihrer Ängste und ihrer Lebensqualität beiträgt.
Dieser Text wurde uns freundlicherweise von Herrn;